Widerrufsjoker 2.0
Mit einem Paukenschlag hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 26. März 2020 (AZ: C-66/19) den sogenannten
Widerrufsjoker für Millionen Verbraucherkredite wiederaufleben lassen.
Widerrufsjoker: Jackpot für alle privaten Kreditnehmer
Der EuGH erklärt in seinem Urteil eine weit verbreitete Klausel in Kreditverträgen für unvereinbar mit europäischem Recht und lässt damit den Widerrufsjoker wiederaufleben. Dieser ermöglicht privaten Kreditnehmern hohe Ersparnisse. Ein Beispiel:
Bei einem Darlehen in Höhe von 370.000 Euro spart der Verbraucher dank des Widerrufsjokers
36.992,00 Euro.
Die Vorteile des Widerrufsjokers im Überblick:
- Ablösung des Kredits, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank zahlen zu müssen
- Umschuldung zu einem Kredit mit niedrigeren Zinsen
- die Bank zahlt eine Nutzungsentschädigung für die abgebuchten Darlehensraten
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Das Urteil des EuGH: Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in Immobiliendarlehen und Autokrediten
Die vom obersten europäischen Gerichtshof für unzureichend empfundene Formulierung findet sich in nahezu sämtlichen Darlehensverträgen, die seit dem 11.06.2010 abgeschlossenen wurden.
In diesen Fällen wurden Kunden falsch über die Widerrufsfrist aufgeklärt. Das bedeutet für Darlehensnehmer konkret, dass sie ihren Kreditvertrag widerrufen können.
Die betreffenden Widerrufsbelehrungen (Widerrufsinformationen) enthalten einen Verweis auf § 492 BGB. Dieser Paragraf verweist für den Beginn der Widerrufsfrist von 14 Tagen auf zahlreiche weitere Normen. Sind in dem Darlehensvertrag die Angaben bezüglich des Beginns der Widerrufsfrist nicht enthalten, sondern wird lediglich auf weitere Vorschriften des deutschen Rechts verwiesen, handelt es sich um eine sogenannte Kaskadenverweisung. Gemäß dem Urteil des EuGH ist es für den Verbraucher dadurch nahezu unmöglich, zu erkennen, wann die Widerrufsfrist tatsächlich beginnt.
Der EuGH hält z.B. folgende Klausel für unzulässig:
„Der Darlehnsnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E‑Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehnsnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“
Was bedeutet der Widerrufsjoker für Kreditnehmer?
Ein Darlehensnehmer kann dank des Widerrufsjokers noch viele Jahre nach Vertragsschluss einen Kredit vorzeitig aufzulösen, da die Widerrufsfrist aufgrund der fehlerhaften Widerrufsbelehrung noch nicht zu laufen begonnen hat.
Haben Verbraucher in der Zeit zwischen Juni 2010 und 2016 ein Darlehen bei einer Bank oder einer Sparkasse abgeschlossen, wurde in den meisten Fällen ein deutlich höherer Zinssatz vereinbart als bei einer aktuellen Neufinanzierung von teilweise unter 1 %. Im Gegensatz zu ehemals teuren Baukrediten sind die Kosten für eine Baufinanzierung heute wesentlich geringer. Vor allem für Darlehensnehmer von Immobilienkrediten macht der Zinssatz einen erheblichen Unterschied. Durch den Widerrufsjoker können Verbraucher nun einen besseren Zinssatz auf dem aktuellen Zinsniveau für den Immobilienkredit erhalten.
Widerruf statt Kündigung: Welche Vorteile bringt der Kreditwiderruf?
Der Widerruf eines Vertrags bedeutet für Kreditnehmer einen klaren finanziellen Vorteil gegenüber einer Kündigung. Für Verbraucher heißt das konkret, dass sie das Darlehen ohne den Anfall einer Vorfälligkeitsentschädigung ablösen und über eine andere Bank zu nunmehr deutlich niedrigeren Zinsen neufinanzieren können. Gleichzeitig muss die Bank dem Kunden eine Nutzungsentschädigung für die abgebuchten Darlehensraten zahlen.
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Die Kanzlei bender & pfitzmann hat über den Ansatzpunkt des Widerrufsjokers bereits hunderte von Mandanten erfolgreich aus den alten Verträgen herausgeholt.
Die Rechtsanwälte Bender & Pfitzmann sind schwerpunktmäßig in den Bereichen Bankrecht, Kapitalmarktrecht und Verbraucherrecht tätig. Als Anlegerschutzkanzlei beraten und vertreten sie bundesweit Anleger mit geschlossenen Fonds und unterstützen bei allen Rechtsfragen im Zusammenhang mit gescheiterten Kapitalanlagen. Die Fachanwälte der Kanzlei Bender & Pfitzmann verfügen über große Erfahrungen und Erfolge im außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehen.
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Pressestimmen zum Urteil des EuGH
Die FAZ schrieb am 26.03.2020:
„Der Europäische Gerichtshof macht Millionen deutscher Verbraucher glücklich. Wer zwischen 2010 und 2016 eine Immobilie oder ein Fahrzeug finanzierte, besitzt nun gute Chancen den Vertrag widerrufen zu können.“
N-TV schreibt:
„Der Europäische Gerichtshof belebt den sogenannten Widerrufsjoker für Immobilienkredite und Kfz-Finanzierungen neu. Das Gericht erklärt eine weit verbreitete Klausel für unvereinbar mit europäischem Recht. Diese findet sich in vielen Privatkreditverträgen, die nach Juni 2010 abgeschlossen worden sind. Das ist ein Jackpot für private Kreditnehmer in Deutschland! In einem bahnbrechenden Urteil hat der EuGH (Rechtssache C-66/19) entschieden, dass die meisten privaten Kreditverträge, die nach Juni 2010 abgeschlossen worden sind, unzureichende Informationen zum Widerrufsrecht haben. Die Konsequenz: Die Widerrufsfrist dieser Kredite beginnt nicht zu laufen. Millionen Verbraucher können mit diesem Widerrufsjoker ihren Vertrag auch Jahre nach Abschluss noch widerrufen.“
Auszug aus dem Urteil des EuGH (AZ: C-66/19)
„(8) Zur Sicherung des Vertrauens der Verbraucher ist es wichtig, dass der Markt ein ausreichendes Verbraucherschutzniveau bietet. …
(9) Eine vollständige Harmonisierung ist notwendig, um allen Verbrauchern in der Gemeinschaft ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen echten Binnenmarkt zu schaffen. Den Mitgliedstaaten sollte es deshalb nicht erlaubt sein, von dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen. …
(10) Diese Richtlinie sollte die Mitgliedstaaten … nicht daran hindern, nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts die Bestimmungen dieser Richtlinie auch auf Bereiche anzuwenden, die nicht in deren Geltungsbereich fallen. So könnte ein Mitgliedstaat für Kreditverträge, die nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen, innerstaatliche Vorschriften beibehalten oder einführen, die den Bestimmungen dieser Richtlinie oder manchen ihrer Bestimmungen außerhalb des Geltungsbereichs dieser Richtlinie ganz oder zum Teil entsprechen, beispielsweise für Kreditverträge über einen Betrag von weniger als 200 [Euro] oder von mehr als 75 000 [Euro]. Ferner könnten die Mitgliedstaaten die Bestimmungen dieser Richtlinie auch auf verbundene Kredite anwenden, die nicht unter die Begriffsbestimmung dieser Richtlinie für verbundene Kreditverträge fallen. …
(14) Durch Grundpfandrechte gesicherte Kreditverträge sollten vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen sein. Es handelt sich hierbei um eine besondere Form des Kredits. Ferner sollten Kreditverträge, die für den Erwerb oder die Erhaltung von Eigentumsrechten an einem Grundstück oder einem bestehenden oder geplanten Gebäude bestimmt sind, vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen sein. Kreditverträge sollten jedoch nicht lediglich aus dem Grund vom Geltungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen werden, dass sie der Renovierung oder der Wertsteigerung eines bestehenden Gebäudes dienen. …
(31) Alle notwendigen Informationen über die Rechte und Pflichten, die sich für den Verbraucher aus dem Kreditvertrag ergeben, sollten in klarer, prägnanter Form im Kreditvertrag enthalten sein, damit der Verbraucher diese zur Kenntnis nehmen kann.“